Die Geschichte der Wellpappe – von der Mode zur wichtigsten Transportverpackung

Verpackungen aus Wellpappe sind in Deutschland die am häufigsten verwendete Transportverpackung.  Jeder von uns hat regelmäßig Kartons in der Hand. Gefühlt gibt es sie schon immer.

Dabei sind Wellpappkartons im Vergleich zu anderen Verpackungen aus Holz oder Behältern aus Ton und Glas relativ jung. Erst vor rund 150 Jahren Begann der Siegeszug der Wellpappe. Dabei war die Papierwelle, Hauptbestandteil der Wellpappe, eigentlich für den Modemarkt gedacht.

Der Bogen als frühes Designelement

Bereits 100 vor Christus wurde im Antiken China in mühevoller Handarbeit das erste Papier hergestellt. Auch die Tragfähigkeit von Bögen wurde vor Tausenden von Jahren entdeckt und in der Architektur des alten Roms perfektioniert. Weil Bögen die Belastung von der Spitze auf die Ränder verteilen, kamen sie für Tore, Kuppelbauten oder Brücken zum Einsatz. Bis der Bogen und das Papier allerdings zusammenfanden, sollten noch Jahrtausende vergehen.

1817 - Sir Malcolm Thornhill baut Schachteln

Im Jahr 1817 soll der Brite Sir Malcom Thornhill erstmals Schachteln aus dickeren Papierbögen gebaut haben. In den 40er Jahren des 19. Jahrhundert sollen sie vor allem von Seidenfabrikanten für den Transport von Seidenspinnern nach Europa genutzt worden sein. Da ihnen an Stabilität fehlte, waren sie kaum für andere Zwecke zu gebrauchen. Populärer wurden leichte Kartons erst Anfang des 20. Jahrhunderts, als die Gründer der Kellogg Company damit begannen, ihre Cornflakes darin zu verpacken.

Doch wann kam die Wellpappe auf den Markt?

1856 – gewelltes Papier für die Modebranche

1856 legten Edward Charles Healy und Edward Ellis Allen den Grundstein für die Wellpappe. Gewellte bzw. gefaltete Stoffe waren – zum Beispiel als Kragen – waren bereits Jahrhunderte als Modeaccessoire bekannt. Healy und Ellis stellten erstmals gewelltes Papier her, um es zur Stabilisierung der hohen Zylinderhüte zu nutzen und so für mehr Tragekomfort zu sorgen. An Verpackungen dachten die beiden aber nicht.

1870 – Stoffe werden mechanisch gefaltet

1870 kam in den USA die erste Plissiermaschine zum Einsatz, die durch Druckausübung Stoffe faltete und die Arbeit der Modebranche deutlich erleichterte. Sie bot die Vorlage für Maschinen zur Herstellung von gewelltem Papier.

1871 – Albert L. Jones meldet das erste Patent an

Die Plissiermaschine brachte den New Yorker Albert L. Jones auf die Idee, eine Riffelwalze für Papier herzustellen. Am 19. Dezember 1871 meldete er ein Patent auf die Maschine „zur Verbesserung von Papier zu Verpackungszwecken“ an. Das so hergestellte gewellte Papier sollte vor allem zum Einwickeln von Flaschen und Glas verwendet werden, die bisher mit Stoff umwickelt oder mit Sägemehl geschützt wurden. Das Papier war als Verpackung deutlich sauberer und hygienischer. Perfekt war es noch nicht.

1874 – Oliver Long perfektioniert gewelltes Papier

1874 kam der Amerikaner Oliver Long auf die Idee, auf gewelltes Papier eine Schicht glattes Papier zu kleben. Die einseitige Wellpappe war geboren. Long entwarf die erste Handmaschine zur Herstellung der Wellpappe und ließ sie sich patentieren.

1882 - Thompson & Norris stellt Wellpappe mechanisch her

1882 kauft das neu gegründete Unternehmen Thompson & Norris das Patent von Long ab und baut die erste mechanisch betriebene Maschine zur industriellen Herstellung von Wellpappe. Erstmals wird das gewellte Papier von beiden Seiten beklebt. Die noch heute verwendete „einwellige Wellpappe“ war entstanden. 1883 expandiert Thompson & Norris nach London. 1886 wird die erste Fertigungsstätte im Rheinland eröffnet.  Weil das Zusammenkleben der Papierschichten „pappen“ genannt wird, entwickelte sich in Deutschland das Wort „Pappe“ als Oberbegriff für das stabile Papier.

1890 - Robert Gair entwickelt eine Maschine für Wellpappkartons

Nachdem das Patent auf Wellpappe in Amerika erlosch, war der Weg frei für die Konkurrenz und die weitere Entwicklung der Wellpappe. Der in Brooklyn, New York, lebende Schotte Robert Gair war zu dieser Zeit als Drucker und Hersteller von Papiertüten tätig. Aufgrund des Fehlers eines Arbeiters in seiner Fabrik wurden aus Versehen Tausende von Papiertüten eingeschnitten. Dies brachte Gair auf die Idee, eine Maschine zu entwickeln, die Pappe schneiden und falten kann, um Kartons daraus herzustellen. Heute gilt Gair deshalb als Erfinder des Wellpappkartons.

1892 - Das erste selbstständige deutsche Wellpappenwerk

1892 gründet Fedor Schoen in Köln das erste selbstständige deutsche Wellpappenwerk. Zunächst ließ er in Breslau Maschinen nach eigenen Vorgaben bauen und produzierte einseitige Wellpappe. Später produzierte er in Köln auch doppelseitige Wellpappe. Weitere Wellpappwerke und Papierfabriken in Deutschland sollten folgen.

1895 -  Jefferson Ferres beschleunigt die Produktion

1895 entwickelt Jefferson Ferres in Amerika eine Maschine, die die Herstellung von Wellpappkartons schneller macht, indem die einzelnen Papierlagen kontinuierlich durch die Maschine laufen, während sie geriffelt und verklebt werden. Der Siegeszug der Wellpappe konnte beginnen.

1907 bis 1929 - die Herstellung verbessert sich weiter

1907 wird in den USA erstmal ein Berstdrucktest von den Behörden durchgeführt, der die Stabilität von Kartonagen aus Wellpappe testet und belegt. Rund vier Jahre später, im Jahr 1911, kann eine Maschine erstmal Kartons herstellen, füllen und bekleben. Die erste Wellpappe mit zwei Wellenschichten wird 1916 von der Sefton Manufacturin Company produziert. 1929 wird die bisherige Wellenform verändert. Die Welle wird niedriger. Dadurch verändert sich die Gewichtverteilung. Nun gibt es die A- und B-Welle, die ab sofort auch in Kombination genutzt werden, um eine noch größere Stabilität der Kartons zu erreichen.

1952 – FEFCO sorgt für Standards

1952 schließen sich erstmals europäische Kartonhersteller in der Fédération Européenne des Fabricants de Carton Ondule (FEFCO) zusammen und legen verbindliche Standards für Kartonagen fest. Sie gelten bis heute.

Das 21. Jahrhundert – Wellpappkartons werden zur wichtigsten Versandverpackung

Ab den 1950er Jahren wurde die Verwendung von Wellpappkartons als Versandverpackung immer beliebter. Die Herstellung der Wellpappe hat sich in den Jahren kaum verändert. Angepasst wurden die Wellengröße und Produktionsabläufe. Verpackungen aus Wellpappe sind heute in verschiedensten Formen und Qualitäten zu haben, als Standardprodukt oder individuelle Versandverpackung.

Mit der Entwicklung des eCommerce und dem Boom des Online-Shoppings erhielt die Branche ihren größten Schub. Der Bedarf an Versandverpackungen aus Wellpappe ist größer als je zuvor. Allein 2019 soll die Deutsche Post 1,6 Milliarden Pakete befördert haben. Ohne die Erfindung der Wellpappe wäre das nicht möglich.

Foto: ©miket/stock.adobe.com

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