Interview: Mehr Pappe als Kunststoffe für besseres Recycling

Am 4, April 2022 erschien in der Goslarschen Zeitung ein Interview mit Harzer Kartonagen Geschäftsführer. Uwe Borsutzky, zu den Themen Nachhaltigkeit in der Produktion und Fachkräftemangel. Hier können Sie das von der Tageszeitung zur Verfügung gestellte Interview nachlesen.

"Langelsheim. Der Fachkräftemangel ist seit einigen Jahren ein großes Thema landauf und landab und zieht sich durch nahezu alle Branchen. Auch bei den Harzer Kartonagen in Langelsheim hält man schon seit Längerem immer wieder Ausschau nach Fachpersonal. Darüber und auch über Nachhaltigkeit in der Produktion hat sich GZ-Mitarbeiterin Anna Heinichen mit Uwe Borsutzky, einem der Geschäftsführer, unterhalten.

Herr Borsutzky, Sie sind seit 26 Jahren in der Verpackungsbranche tätig. Wie haben Sie angefangen?

Das Unternehmen ist mir jeden Tag im Vorbeifahren durch Ordnung, Sauberkeit und Wachstum aufgefallen. Angefangen habe ich als kaufmännischer Mitarbeiter. Ich durfte in den 26 Jahren mit meinen Kolleginnen und Kollegen den Betrieb mit- und weiterentwickeln. Eine tolle Zeit, anfangs mit drei Generationen in der Unternehmensführung der Familie Nickel.

Was hat sich seither in der Branche am stärksten verändert?

Die Anforderungen an die Verpackung sind deutlich gestiegen. Anforderungen an die Versandsicherheit für das eigentliche Produkt, aber auch die Verpackung, die Aufmerksamkeit in Form von Marketing und Kreativität mit sich bringen soll.

Umweltschutz und Nachhaltigkeit sind seit einiger Zeit Top-Themen. Wie wird Ihr Unternehmen den steigenden Anforderungen gerecht?

Wir haben den großen Vorteil, mit einem Rohstoff zu arbeiten, der zu 100 Prozent recycelbar ist. Hinzu kommt, dass man mit dem Rohstoff sehr kreativ umgehen kann. Darum sind wir auch sehr breit in unserem Unternehmen aufgestellt. Dabei versuchen wir überall da, wo es möglich ist, den Klimaschutzgedanken anzuwenden. Wir sind einem Recycelverbund angeschlossen, sind für den Holzbereich FSC zertifiziert und geben unsere Stanzabfälle zum Recyceln in ein Unternehmen, welches Rollenwellpappe herstellt, die wir dann wieder unseren Kunden anbieten können.

Daneben produzieren wir unseren eigenen Strom über Photovoltaikanlagen und stellen auf Elektro-Mobilität um, wo es sinnvoll ist. Wir haben ein sehr ausgefeiltes Mülltrennungssystem und vermeiden weitestgehend Kunststoffabfälle. Unsere Kundenberatung konzentriert sich dabei auch auf die Verpackungsprozesse in deren Unternehmen. Wir versuchen Kunststoffe aller Art durch den Rohstoff Pappe abzulösen und effiziente maßgeschneiderte Verpackungen zu platzieren, um den Verpackungsprozess zu optimieren und Frachtkosten zu sparen.

Sie sind ein Unternehmen mit eigener Holzproduktion. Wie kann man sich das vorstellen?

Der Begriff Holzproduktion ist nicht ganz korrekt. Wir pflanzen keine Bäume an und bekommen keine ganzen Baumstämme geliefert, sondern verarbeiten den Rohstoff Holz zu Kisten und Paletten. Es bot sich die Gelegenheit, diese Produktschiene bei uns mit anzugliedern. Wir fanden es eine gute Kombination, zumal ja Holz auch der Rohstoff für unsere Wellpappe ist, die wir im Übrigen bei uns auch nicht herstellen. Wir verarbeiten hier lediglich diese Rohstoffe als Grundlage unserer Produkte. Kombination ist dabei eigentlich das Zauberwort. Transportverpackungen aus Kombinationen von Holz und Wellpappe zum sicheren Transport von Gütern herzustellen. Das spart Gewicht, insbesondere bei Luft- und Seefrachten, spart Kosten und kommt der Umwelt zugute.

Inwieweit wirkt sich das auf den CO2-Fußabdruck Ihres Unternehmens aus?

Nun, für uns kleines mittelständisches Unternehmen kann ich ihnen das leider nicht in Zahlen ausdrücken. Unsere Produkte sind ja ein Ergebnis einer mehrstufigen Fertigungskette. Das beginnt bei der Herstellung vom Papier durch Recyceln und aus der Frischfaser Holz. Aus dem Papier entsteht die Wellpappe. Und daraus fertigen wir die Kartonagen. Beim Holz sieht das genauso aus. Alle unsere Vorlieferanten unterliegen strengen Vorschriften zur Klimaneutralität und CO2-Einsparungen. Durch moderne und schlanke Produktionsprozesse versucht man hier, gesetzte Ziele zu erreichen.

Wie viele Hände braucht es, bis eine Kartonage fertig ist?

Das ist eine gute Frage. Grundsätzlich sind wir ein moderner, hoch technisierter Betrieb. Ich staune selbst immer wieder, welch technischer Aufwand auf allen Prozessebenen erforderlich ist, um einen Karton am Ende als Wegwerfartikel herzustellen. Da wir als Harzer Kartonagen aber sehr breit und individuell aufgestellt sind und für unsere Kunden Konstruktions- und Sonderverpackungen entwickeln und anbieten, kommt häufig auch noch viel Handarbeit zum Einsatz.

Der „Fachkräftemangel“ ist in aller Munde und längst auch in der Region angenommen. Trifft er auch ihre Branche?

Ja. Klar benötigen wir auch Mitarbeiter, die nicht nur technisch hoch qualifiziert sind. Für die hochmodernen Maschinen und um den Ansprüchen der Kunden gerecht zu werden, ist es aber an dieser Stelle erforderlich, gut ausgebildetes Fachpersonal zu haben. Grundlage ist hier der Beruf des Packmitteltechnologen. Und ja, händeringend suchen wir entsprechendes Fach- und Führungspersonal, welches uns bei unserer täglichen Arbeit unterstützt.

Was meinen Sie, welche Rolle spielen möglicherweise der Standort und die Demografie?

Demografie? Am Ende ist es wichtig, dass sich das Unternehmen den Veränderungen der Generationswechsel anpasst. Und genau so wichtig ist es, alle Generationsstufen mit ihren unterschiedlichen Ausprägungen und Einstellungen in einem Unternehmen zu vereinen und jedem seinen Ansprüchen gerecht zu werden. Das ist nicht immer ganz einfach. Ich denke, die Region ist attraktiv und gut aufgestellt. Die Infrastruktur und die Anbindung an Verkehrswege sind gut. Es ist allerdings schwierig, jemanden aus dem Süden oder Norden davon zu überzeugen, dass es hier auch lebenswert ist. Hier wünschte ich mir ein besseres Freizeit- und Kulturangebot. Leider wechseln Mitarbeiter auch häufig in die Industrie, weil hier die Arbeitsbedingungen attraktiver sind, auch wenn man teilweise viel längere Arbeitswege in Kauf nehmen muss.

Was ist mit Berufseinsteigern. Beginnt der Mangel nicht bereits dort?

Klar, wir bilden unsere Nachwuchskräfte selbst aus und nutzen vielfältige Möglichkeiten, um Auszubildende zu rekrutieren. Das ist schon eine besondere Herausforderung, obwohl es hier im Landkreis genügend Plattformen gibt, auf denen man sich als Unternehmen bei den möglichen Aspiranten bewerben kann.

Was für Schlüsselqualifikationen muss ein Berufseinsteiger mitbringen?

Verständnis und Begeisterung für Technik und Interesse an prozessorientierten Abläufen, gerade auch für den Logistikbereich. Begeisterung für das Arbeiten mit einem Wegwerf- und Naturprodukt, welches für die Wirtschaft und dem Endkunden unersetzlich ist.

Was würden Sie sich ganz persönlich für die Zukunft Ihrer Branche wünschen?

Möglichst viele Kunststoff- durch Pappverpackungen zum Wohle der Umwelt zu ersetzen. Hier nenne ich gern unsere Aktion #Verpackungsmüllsparen oder www.verpackungs-müllsparen.de. Regionalität ist auch hier ein Stichwort und nicht die Verpackungen von A nach B quer durch Deutschland oder Europa zu fahren. Davon haben wir alle etwas."

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Quelle: Goslarsche Zeitung, Anna Heinichen, 4. April 2022.

 

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